Ort der Freude
tedfett
Schabrackenmolch Numero Uno

Der blinde Herr Schrudel lehnt bei Gisella (abenteuerliche 23) an der Brüstung. Das Negative U-Boot ist nun schon viereinhalb Wochen unterwegs. Und sie haben es noch nicht in den Nachrichten gebracht! "Was sind das für Nachrichten?!", brüllt Herr Schrudel. "Immer das blöde Musikgedudel im Hintergrund! Man kann sich gar nicht auf die Kriegsberichte konzentrieren!"

Dabei ist das Negative U-Boot riesengroß! Es ist zum Beispiel mehrere Fußballfelder groß. Nicht nur in der Länge! Auch sonst! Wenn der Mob mal vom Internetz nichts mehr wissen will, kann er sich getrost dem Negativen U-Boot zuwenden, um vor lauter Begeisterung den Verstand zu verlieren.

Mit dem Negativen U-Boot könnte man Tausende von Elefanten transportieren, um sie zum Beispiel in der Rhön abzusetzen, wenn in Afrika gerade Herbst ist. So groß ist das Negative U-Boot, dass die Ranger sogar noch ein paar interessierte Nashörner mit an Bord nehmen könnten. Es ist von derart bizarren Ausmaßen, dass man 12 Liter Luft bräuchte, um es in einem Wort zu beschreiben.

Selbst die bekannten Großgeräte wie: Kiesgrubenbagger, Autopressen der Exportfirma Zabell, Oberbürgermeister oder Raumschiffe Marke Enterprise nehmen sich neben dem Negativen U-Boot aus, als wolle man sie verächtlich machen. Das passt nämlich nicht einmal in einen Fernseher, jedenfalls nicht ganz.

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Was Schrudel vermisst: Die berühmten Stereogauben von Blasegast (nicht zu verwechseln mit den Stereonymphen).

Der blinde Herr Schrudel fährt, und das schlägt dem Bass die Zähne aus, mit seinem Duo mindestens zwei Wochen von einem Ende zum anderen! Dabei ist der Duo auf amtlich beglaubigte 96,3 Stundenkilometer frisiert! Mit Oma Steckwurst am Steuer!

Und trotzdem kann Purzel, der kleine Maat, das Wahnsinnsgerät piepleicht manövrieren, denn es besitzt automatische Intelligenz. Diese Intelligenz wurde zum Teil von Herrn Patzschke, dem bösen Klempner aus der Rhön, der auch der Konstrukteur und Fahrzeughalter ist, bereitgestellt. Intelligenz ist schon früher durch Röhren übertragen worden, zumindest als Mordsgaudi bei den Gelagen der Klempner-Innung. Eine ehrwürdige Kunst, die heute im Zeitalter der Transistortechnik und der blinkenden Diodenschwärme leider fast vergessen ist.

Das beste am Negativen U-Boot ist allerdings seine Artenvielfalt. Es ist nämlich nicht nur so groß, dass Herr Getränkehändler Adolf Nitzsche in Machern ("Man muss nur machern!") seine gesamte Lagerhaltung darin abwickeln könnte, wenn er die Miete dafür aufbrächte. Nein! Aufgrund seiner Ausmaße haben sich überall unterschiedliche Biotope gebildet, die Platz für die abstrusesten Geschöpfe bieten. Die verschiedenen Klimazonen innerhalb des Negativen U-Bootes haben in Verbindung mit den ekligen Müllecken von Klempner Patzschke Populationen hervorgebracht, die jedem gutsortierten Genlabor zur Ehre gereichen würden.

So sind zum Beispiel mehrere kamelhaarfarbene Filzpantoffel durch geschlechtliche Manipulationen mit den überall an Bord herumschwirrenden Schabracken in einer neuen Lebensform aufgegangen, die sich unter anderem durch putzige Laute beim Putzen auszeichnet und gern auf sonnenbeschienenen Ottomanen herumliegt.

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Was Gisella vermisst: Die feschen Touristen auf dem Blasegaster Wochenmarkt.

Doch wird dadurch nicht der Transport von Elefanten oder anderen empfindlichen Gütern erschwert? Sie könnten ja durch bionische Kreaturen wie etwa den viertelkarierten Schabrackenmolch aus ihrer Äsung gerissen und animiert werden, wild im U-Boot umherzuirren! An dieser Stelle aber kommt zum Glück wieder die Größe des Negativen U-Bootes zum Tragen, denn selbst wenn alle Elefanten (und sogar die mitgereisten Nashörner dazu) auf eine Seite des Negativen U-Bootes rennen würden, würde es kein Stück aus der stabilen Seitenlage gebracht, nicht ein Winkelsekündchen!

Das Negative U-Boot, zusammengefasst, ist so groß, dass es eigentlich schon zum Teil in Blasegast angekommen ist, während es sich mit dem Heck noch in der Rhön befindet. (Wenn man bei dieser riesigen Maschine überhaupt ein Heck lokalisieren kann.) So ist das leichte Heimweh, das Gisella verspürt, als sie an die gemütlichen Heuschober in Blasegast denkt, eigentlich völlig unbegründet, zumal auf dem Negativen U-Boot auch jede Menge Heuschober existieren.

Peng! Mit erschüttertem Grunzen erwacht Lokalredakteurin Obergohsel aus einem bleiernen Schlaf im Schnittgerinne. Ein viertelkarierter Schabrackenmolch verschwindet erschrocken unter einem Stein. Er ist der erste eines Stammes, der in wenigen Jahren den feuchten Teil der Rhön mit seinem Geschlurfe tyrannisieren und schließlich entvölkern wird. "Ich muss rescherschieren!", ruft Frau Obergohsel energisch. In der Ferne hören wir Gisella rascheln und juchzen.

Ende